Vokalmusik

ZWEITE SCHÖPFUNG II (2023)

TEXT Bernd Marcel Gonner

für Chor, Orgel, Keyboard und Live-Elektronik

65 Minuten

Entstanden: 2023

Veröffentlichung: 13. Juni 2023

Eine Stadt sollst du bauen selbst die Sterne nur Ruß

EINE STADT SOLLST DU BAUEN, GROSS UND WEIT WIE EIN KUSS

Die Komposition »Zweite Schöpfung« basiert auf dem gleichnamigen Gedicht von Bernd Marcel Gonner. Im Jahr 2018 habe ich das Stück für Sprecher, Live-Elektronik und Orgel komponiert und zusammen mit Kantor Christoph Hagemann in Berlin uraufgeführt. Eine neue Fassung für Chor, Orgel, Keyboard und Live-Elektronik ist in Arbeit.

Die fünf Sätze (1. Trauermarsch, 2. Seid fruchtbar und mehret euch, 3. Choral, 4. Choral II, 5. La valse absurde) entsprechen fünf verschiedenen Bildern, die quasi akustisch gemalt werden. Es entstehen große Klangräume.

Das Wesen der Komposition besteht darin, dass sie für jeden Ort neu erarbeitet wird. Teile der Partitur sind variabel und ergeben sich sowohl aus dem Raum als auch aus den Möglichkeiten der Orgel.

ZIFFELS PROJEKTCHOR #SingenHeilt

Ich beschäftige mich schon sehr lange mit Chorgesang. Praktisch als Sänger und als Komponist. Theoretisch mit der Frage: Wie können Laien zeitgenössische Musik singen? Es ist erstaunlich, dass fast alle Laienchöre, die klassische und geistliche Musik einstudieren, mit Noten proben, aber nur ein Teil der Sängerinnen und Sänger Noten lesen kann. Meiner Meinung nach sollte jeder Chor denjenigen, die keine Noten lesen können, dies beibringen. Im Zwölf-Apostel-Chor Berlin hat Jochen Sievers einen solchen Kurs angeboten. Leider ist das die absolute Ausnahme.

Aber es geht auch anders. Wie wäre es, sich ganz von den Noten zu emanzipieren und eine andere Lösung zu finden? Meine langjährige Chorerfahrung hat mich gelehrt, dass das Festhalten an den Noten viele Sängerinnen und Sänger am Zuhören und Singen hindert. Außerdem möchte ich die Trennung der Stimmgruppen überwinden. Also keine Einteilung von Sopran bis Bass, sondern etwas anderes. Ein Chor als Solistenensemble.

Ich habe lange überlegt, wie ich all diese Fragen beantworten kann, aber natürlich auch Fragen wie: Woher bekommen die Sängerinnen und Sänger ihre Töne? Wie ist das mit der Intonation? Ist das Improvisation, die der Beliebigkeit Tür und Tor öffnet? Können Laien Septimenfelder singen? Ingo Schulz vom Ölbergchor sagt Nein. Ich sage ja.

Die Neukomposition der Zweiten Schöpfung wird diese und andere Fragen beantworten.

In Zusammenarbeit mit dem Chorleiter werde ich den Singenden Techniken sowie Bilder vermitteln. Es sind Algorithmen, die es den Sängern ermöglichen, gemeinsam und frei zu singen. So wird jeder Sänger auch zum Solisten. Ein Singen, das zur Einstimmigkeit findet. Ein Gesang, der zu dichter Polyphonie moduliert. Ein Gesang, der auch scharfe Klangtexturen, explosive Klangkaskaden einschließt. Zartes Flüstern, Gesprochenes und Verfremdetes. Es gibt keine falschen Klänge. Es gibt weder gute noch schlechte Klänge. Die Loslösung von der Partitur kommt einer Befreiung gleich. So kann Neues entstehen. Ich sehe den Chor als das, was er von Natur aus ist: ein Klangkörper. Inspirationen finde ich in der Lyrik, in der Natur, aber auch in der Mathematik und in den Prinzipien der modularen Synthese.

Während der Probentage werden die Klänge des Chores aufgenommen. Aus diesem Material entwickle ich Instrumente, die dann sowohl mit der Orgel als auch mit den Sängern gemischt werden. Getreu meinem Motto: Alles ist in allem enthalten, werden die Gemeinsamkeiten vermittelt.

VOM GEBIRG ZU DEN AUEN — DEINES HERZSCHLAGS SURPLUS.

Und immer wieder die Achtsamkeit auf den eigenen Atem. Bewegung und Körperarbeit sind auch ein Teil, auf den geachtet wird. Aber auch: Wie höre ich mich im Raum?

Das Kloster Frauental eignet sich von den räumlichen Gegebenheiten her hervorragend für diese Zusammenarbeit zwischen Autor und Komponist.

GEHT DEIN ALPDRUCK ZU FUSS.

Clusterklänge treffen auf ein (fast) außerirdisches Lachen.

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