Als künstlerischer Leiter und Konzeptionist von nachHALL* beschäftigte ich mich intensiv mit der Idee von Nachklang, Echo und akustischer wie visueller Resonanz im Raum und in der Zeit. Der Name des Festivals ist dabei Programm: nachHALL versteht sich als Plattform für eine bewusste Erweiterung von Seh- und Hörgewohnheiten, als ein Ort für Grenzverschiebungen und Perspektivwechsel.
Im Zentrum steht die Auflösung traditioneller Konzertformate zugunsten eines Simultankonzerts, wie es etwa John Cage konzipierte – ein gleichzeitiges Nebeneinander von künstlerischen Aussagen, die sich gegenseitig spiegeln, verstärken oder irritieren. Die Zuschauer:innen werden eingeladen zu vergleichen, zu entdecken, zu hinterfragen – und selbst in Resonanz zu gehen.
Das Thema der aktuellen Ausgabe kreist um eine Passage aus Ovids Metamorphosen: Die Entstehung des Echos. Die mythologische Figur der Nymphe Echo – gesprächig, täuschend, verflucht zur bloßen Wiederholung – dient uns als poetischer Ausgangspunkt für eine vielschichtige Auseinandersetzung mit dem Phänomen Nachhall. Die Geschichte, in der physikalisches Staunen auf menschliches Scheitern trifft, gibt unserem Festival eine erzählerische Tiefe und verleiht der physikalischen Erscheinung des Echos eine zutiefst menschliche Dimension.
nachHALL versteht sich als work in progress im besten Sinne: Die künstlerischen Beiträge können wachsen, sich gegenseitig durchdringen, sich verändern. Werke dürfen gekürzt, erweitert oder spontan neu kombiniert werden. Der kuratierte Rahmen und die thematische Klammer erzeugen eine produktive Konzentration, die den beteiligten Künstler:innen neue Impulse gibt – und dem Publikum ein intensives, ungewöhnliches Erlebnis.
Alle Mitwirkenden begreifen nachHALL als beides: als Bühne ihrer individuellen künstlerischen Handschrift und als kollektiven Prozess.
Ziel ist ein Festival, das inspiriert – lebendig, offen und tief resonierend.
*) nachHALL wurde gefördert durch das Kulturamt Kreuzberg, Berlin