Vokalmusik

Unsere Mutter (2023)

drittes Bild von DISTANCE2123

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TEXT Bernd Marcel Gonner

für Sopran, Chor, Klavier und Ensemble

10 Minuten

Entstanden: 2023

Uraufführung 16. September 2023 @ ACHTELTON, Sopran Sophia Körber, Chor Schnuut & Pumpe, Ensembe Endliche Automaten, Leitung: Michael Maria Ziffels

Veröffentlichung: 16. September 2023

Unsre Mutter die du bist aus Erden

Das Gedicht «Mutter unser» orientiert sich in seiner Form an einem Gebet und spielt bewusst auf das christliche «Vaterunser» an. Diese religiöse Anspielung verleiht dem Text eine feierliche und meditative Stimmung. Die Aufzählung von Bitten und Wünschen, gepaart mit Naturbezügen, richtet sich an «unsre Mutter», die als Symbol für die Erde steht. Die letzte Zeile mit dem isolierten Wort «Atem» wirkt wie ein meditatives Innehalten, das die Themen des Gedichts verdichtet und Raum für Reflexion schafft.

Inhalt und Bedeutung

Das Gedicht stellt die Erde – «unsre Mutter» – in den Mittelpunkt und erinnert daran, dass der Mensch von ihr abhängig ist. Die Erde wird als Ursprung des Lebens gefeiert, als Ort des Wachstums und der Fülle („Ei und Same“, „Überfluss“). Die Doppeldeutigkeit der Begriffe „Werden und Vergehen“ spiegelt den Kreislauf des Lebens wider und deutet auf die Vergänglichkeit der natürlichen Welt hin. Die Bitte um „Reichtum“ und das „Entflammen“ könnte sowohl materielle als auch spirituelle Fülle implizieren.

Der Text ermahnt, sich vom „Trott“ des Alltags zu lösen, was eine Aufforderung sein könnte, bewusster und achtsamer mit der Natur umzugehen. Diese Bitte um Veränderung und Transformation wird in der Zeile „bewahre uns vor dem Trott“ besonders deutlich. Die Aufforderung „Platz frei für Fehltritte aller Art“ erinnert an die Akzeptanz von Unvollkommenheit und die Offenheit für Lernen und Wachsen – „Weidegründe des Wachsens“. Der Begriff „Weidegründe“ verstärkt die Verbindung zur Natur und suggeriert, dass die Erde Raum für Erneuerung und Entwicklung bietet.

Natur und Mensch

Die Natur steht hier im Zentrum des Textes, und der Mensch wird als Teil eines größeren, natürlichen Kreislaufs dargestellt. Der Bezug auf „Ei und Same“ symbolisiert Fruchtbarkeit und Leben, während „Werden und Vergehen“ den unvermeidlichen Zyklus von Geburt und Tod umfasst. Dieser natürliche Zyklus trägt den Menschen metaphorisch „über Stock und Stein“, also durch die Höhen und Tiefen des Lebens. Gleichzeitig fordert das Gedicht auf, sich von eingefahrenen Wegen („Trott“) zu lösen und sich dem Wachstum und der Veränderung zu öffnen.

Symbolik und Sprache

Die Sprache des Gedichts ist stark symbolisch und nutzt Bilder aus der Natur, um tieferliegende Gedanken über das Verhältnis von Mensch und Erde zu vermitteln. Die Erde als „Mutter“ wird als lebensspendend, aber auch als vergänglich dargestellt, was die Verantwortung des Menschen betont, in Einklang mit der Natur zu leben. Die Bitten und Wünsche, die in der Form eines Gebets geäußert werden, könnten als Aufruf zur Ehrfurcht vor der Natur interpretiert werden.

Das isolierte Wort „Atem“ am Ende des Gedichts hat eine vielschichtige Bedeutung. Es verweist auf den Lebenshauch, den Zyklus von Ein- und Ausatmen, und könnte sowohl das Atmen der Erde als auch das Atmen des Menschen symbolisieren – ein gemeinsames, existenzielles Band. Der Atem ist zudem ein Zeichen für Leben und Kontinuität, während das Gedicht selbst den Fluss des Lebens und der Natur thematisiert.

Symbolik des «Atem»

Das isolierte Wort «Atem» am Ende des Gedichts kann nicht nur als Symbol für den Lebenshauch und den Kreislauf des Atmens gesehen werden, sondern auch als bewusste Abwandlung des Wortes «Amen». Durch den Austausch eines einzigen Buchstabens wird das christliche «Amen», das traditionell den Abschluss eines Gebets markiert, in einen neuen, naturbezogenen Kontext gesetzt. Während «Amen» Zustimmung und Bestätigung bedeutet, weist «Atem» auf das Lebendige, das Zyklische und die untrennbare Verbindung zwischen Mensch und Natur hin. Diese subtile Veränderung spiegelt die Botschaft des Gedichts wider, die den Menschen an seine fundamentale Abhängigkeit von der Erde erinnert. Der Atem als Quelle des Lebens wird zum Schlussakkord, der gleichzeitig Kontinuität und Vergänglichkeit impliziert.

Zusammenfassung

Das Gedicht «Mutter unser« verbindet eine spirituelle und naturbezogene Sichtweise, die die Erde als Ursprung und Mutter des Lebens zelebriert. Es enthält Aufforderungen, sich von Routinen zu lösen und einen bewussteren Umgang mit der Natur zu pflegen. Durch die symbolische Sprache und die klare Struktur eines Gebets wird ein tiefes Gefühl der Ehrfurcht und Verbundenheit mit der Natur vermittelt.

Diese Themen bieten eine kraftvolle Grundlage für deine Komposition «Unsere Mutter», da sie den Kreislauf von Leben und Tod, die Verantwortung gegenüber der Erde und die Transformation des Menschen aufgreifen – Themen, die musikalisch intensiv und tiefgründig umgesetzt werden können.

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