Das Signal ist schwach – der Konsum ist stark

Gesellschaft


Uhura ruft nicht mehr an
Das Signal ist schwach – der Konsum ist stark

Früher träumte man in Science-Fiction von einer Welt, in der intelligente Wesen über Lichtjahre kommunizieren – heute antwortet nur noch der Algorithmus. Und Uhura? Die ruft nicht mehr an. Stattdessen plärrt Alexa, dass die Amazon-Angebote aktualisiert wurden, Siri spielt dir zum Frühstück deinen mentalen Verfall als Playlist ab, und der Kühlschrank bestellt Milch, während du emotional längst verdurstest. Willkommen im Fortschritt.

Wir haben alles – und nichts mehr zu sagen.

Reichtum, Version 2025: Drei SUVs, null Gespräch

Wir leben in einer Welt, in der Reichtum sich an Dingen misst – nicht an Zeit, Gefühl oder Verstand. Der selbstgefällige Herrscher von Trumpistan hat’s vorgemacht: viel Gold, wenig Geist. Und wie ein Virus hat sich diese Logik überall eingenistet.

Menschen lassen sich Lippen aufspritzen, kaufen Motivationsratgeber im Zehnerpack und posten täglich ihr „Mindful Life“ auf Instagram – während ihre Kinder lernen, mit ChatGPT über Einsamkeit zu sprechen.

Die Armut, die wir meinen, sieht man nicht. Sie ist nicht in Zahlen zu fassen, nicht in Armutsberichten zu finden. Sie trägt Gucci, hat WLAN – und ein Loch im Herz.

Konsumiert euch glücklich! (Sagt das System)

„You live to buy“, sagt meine Installation Das Uhura Idyll. Und das ist keine Metapher mehr, das ist ein Befehl. Du willst dazugehören? Dann klick, swipe, zahl.

Widerstand? Gibt’s nicht mehr. Wer nicht mithält, fliegt raus: aus der App, dem Algorithmus, der Gesellschaft.

Wir leben im permanenten Black Friday.
Nur: Niemand fragt, ob wir das überhaupt brauchen – oder wollen.

Wir konsumieren aus Langeweile, aus Angst, aus innerer Leere. Und merken gar nicht, wie der ganze Müll – die Gegenstände, die Werbung, die Optimierungstipps – nicht nur den Planeten zumüllt, sondern auch unser Hirn.

Unsere Auswahl ist grenzenlos – unser Wille dagegen tiefgekühlt.
Und wenn man uns die Entscheidung überlässt, wählen wir meistens: den nächsten Rabatt.

Klimakrise? Die kann man jetzt auch recyclen

Und während die Welt brennt, feiern wir uns für nachhaltige Wattepads und grüne Logos.
Dabei hat nicht der globale Süden den Planeten ruiniert, sondern der überfressene Norden. Und jetzt sitzen die alten Kolonialmächte auf ihren veganen Ledersesseln und entscheiden, wer morgen noch ein CO₂-Kontingent bekommt.

Menschen, die am wenigsten zur Zerstörung beigetragen haben, verlieren ihre Lebensgrundlage – während bei uns das neue iPhone pünktlich geliefert wird.
Aber hey: Wenigstens kommt es in einer plastikfreien Verpackung.

Die neue Armut

Was ist Armut?

Wenn von Armut die Rede ist, denkt man sofort an Geld. An kalte Wohnungen, leere Kühlschränke, unbezahlte Rechnungen. Armut wird gemessen in Zahlen, in Prozentpunkten, in Statistik. Doch was ist mit der anderen Armut? Der, die nicht in Diagrammen auftaucht?

Was ist mit der geistigen Armut, die keine Schulden kennt – nur Leere?
Was ist mit der kulturellen Armut, in der Kreativität verdorrt, weil sie (angeblich) nichts einbringt?
Was ist mit der emotionalen Armut, in der Menschen verstummen, vereinsamen, verhärten?

Wir leben in einer Welt, in der sich Reichtum auf Türme türmt – und Menschlichkeit im Keller verkriecht.
In der Konzerne Milliarden anhäufen, während Menschen mit drei Jobs ihre Miete nicht zahlen können.
In der wir jede Wahl haben – und uns doch für nichts entscheiden können.

„Change is the only constance“, heißt es in meiner Installation Das Uhura Idyll.
Ein anderer Satz dort: „Big data is watching you.“
Das ist der Wahnsinn, der uns täglich anlächelt – aus Werbebannern, Schaufenstern und Bildschirmen.

Macht uns das glücklich?
Oder ist es nicht vielmehr so, dass der Überfluss uns krank macht?
Dass wir an einem System erkranken, das uns verspricht, dass alles möglich ist – solange wir zahlen?

Die Klimakrise zeigt, wie verlogen dieses System ist.
Es ist nicht der globale Süden, der das Klima ruiniert hat – es ist der konsumverliebte, scheinbar „reiche“ Westen, der seit Jahrzehnten auf Kosten aller lebt. Und was tun wir? Wir sprechen jenen, die am wenigsten haben, die Zukunft ab. Und feiern uns selbst für Greenwashing und ein bisschen Recycling.

Dabei wäre die Lösung so einfach wie radikal: Weniger kaufen. Weniger besitzen. Mehr teilen. Nachhaltig leben. Uns abkoppeln vom Diktat des Immer-Mehr.

Doch wir tun das Gegenteil.
Wir rationalisieren Menschlichkeit weg, kürzen soziale Sicherheiten und preisen künstliche Intelligenz als Heilsversprechen an. Währenddessen wächst die Kluft – zwischen jenen, die alles haben, und jenen, die trotz 40-, 50-, 60-Stunden-Wochen nicht überleben können.

Diese Kluft ist nicht nur eine ökonomische.
Sie ist ein Abgrund der Gefühle, der Sprache, der Verbundenheit.
Ein Resonanzraum aus Neid, Hass, Verachtung.
Ein kollektiver Wahnsinn, in dem wir funktionieren, aber nicht mehr leben.

Diese Welt ist reich an Dingen –
und arm an Sinn.
Reich an Auswahl –
und arm an Beziehung.
Reich an Algorithmen –
und arm an Berührung.

Was ist Armut?
Vielleicht ist sie genau das:
Ein System, das uns alles verkauft –
außer das, was wir wirklich brauchen.

Michael Maria Ziffels
Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.